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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783492302371
Sprache: Deutsch
Umfang: 169 S.
Format (T/L/B): 1.7 x 19 x 12.2 cm
Einband: kartoniertes Buch

Autorenportrait

Elisabeth Tova Bailey wurde in New England (USA) geboren. Sie machte zunächst eine Ausbildung als Gärtnerin und arbeitete später als Journalistin, veröffentlichte Essays und Kurzgeschichten, bis sie im Alter von 34 Jahren auf einer Europareise an einem Virus erkrankte, der sie monatelang ans Bett fesselte. In dieser Zeit beschäftigte sich Bailey mit der Kulturgeschichte der Schnecke und schrieb 'Das Geräusch einer Schnecke beim Essen'. Elisabeth Tova Bailey lebt heute im Bundesstaat Maine.

Leseprobe

Prolog Aus meinem Hotelfenster blicke ich über den tiefen Gletschersee auf das Alpenvorland und die Berge. Als es dämmert, verschmelzen die Hügel mit dem Gebirge, dann verschwindet alles im Dunkeln. Nach dem Frühstück spaziere ich durch die gepflasterten Dorfstraßen. Es ist kein Frost mehr, und riesige Rosmarinbüsche strecken sich der Sonne entgegen. Ich nehme einen Weg, der sich die steilen, wilden Hügel hinaufwindet, an Schafherden vorbei. Hoch oben auf einem Felsvorsprung mache ich Rast und esse Brot und Käse. Später am Nachmittag entdecke ich am Ufer alte Tonscherben, deren Kanten von Zeit und Wasser glattgeschliffen wurden. Ich erfahre, dass im Dorf eine böse Grippe umgeht. Ein paar Tage verstreichen, dann folgt eine Nacht voll Fieberphantasien. Meine Träume werden durch das An- und Ablegen von Fähren gestört. Passagiere rufen in der Dunkelheit, schrecken mich aus dem Schlaf. Jedes Mal wenn ich wieder einschlafe, zerrt das Wassergeräusch des Sees an mir. Irgendetwas stimmt nicht mit meinem Körper. Alles fühlt sich verkehrt an. Am nächsten Morgen bin ich schwach und kann nicht denken. Einige meiner Muskeln gehorchen mir nicht. Mein Zeitgefühl wird schwammig. Ich verirre mich, die Straßen führen in zu viele Richtungen. Wie in einem Nebel ziehen die Tage an mir vorüber. Ich packe meinen Koffer, doch aus irgendeinem Grund kann ich ihn nicht hochheben. Er scheint am Boden festzukleben. Irgendwie gelange ich zum Flughafen. Während des Flugs über den Atlantik sitzt ein kranker Chirurg neben mir, er niest und hustet unaufhörlich. Mein ausnahmsweise genommener, dringend benötigter Urlaub ist nicht so verlaufen wie erhofft. Aber das wird schon alles wieder, ich will nur noch nach Hause. Nachdem ich in Boston umgestiegen bin, lande ich kurz vor Mitternacht auf meinem kleinen Flughafen in Neuengland. Als ich auf dem Parkplatz meinen Wagen aus dem Schnee ausgraben will und mich vorbeuge, wird die Schaufel zur Krücke, mit der ich mich aufrecht halte. Ich weiß nicht, wie ich nach Hause komme. Am nächsten Morgen sinke ich direkt nach dem Aufstehen ohnmächtig zu Boden. Zehn Tage Fieber mit hämmernden Kopfschmerzen. Mehrmals in der Notaufnahme. Laboruntersuchungen. Ich bin so krank wie noch nie in meinem Leben. Die Lungenentzündung in meiner Kindheit, das Pfeiffersche Drüsenfieber in meiner Collegezeit - das alles war nichts im Vergleich zu dieser Krankheit. Ein paar Wochen später liege ich auf der Couch und sinke in eine tiefe Dunkelheit, falle und falle, bis ich unvorstellbar fern von allem bin. Ich schaffe es nicht mehr zurück, ich erreiche meinen Körper nicht. In der Ferne die Sirene eines Krankenwagens, die Stimmen von Ärzten. Meine Augenlider schwer wie Felsbrocken. Ich versuche, sie zu heben, nur für ein paar Sekunden, doch sie schließen sich unwillkürlich wieder. Das einzige, was ich noch tun kann, ist atmen. Die Ärzte werden mich wiederherstellen. Sie werden diesem Zustand ein Ende machen. Ich atme weiter. Was ist, wenn mein Atem stehenbleibt? Ich muss schlafen, aber ich habe Angst vor dem Schlafen. Ich versuche aufzupassen - wenn ich einschlafe, wache ich vielleicht nie wieder auf.   1. Ackerveilchen In den ersten Frühlingstagen ging eine Freundin von mir im Wald spazieren und entdeckte zufällig auf dem Weg eine Schnecke. Sie hob sie auf und trug sie in der offenen Hand vorsichtig zu dem Studio, in dem ich zur Genesung untergebracht war. Am Rand des Rasens sah sie ein paar Ackerveilchen stehen. Mit einem Pflanzenheber grub sie einige davon aus, pflanzte sie in einen Terrakottatopf und setzte die Schnecke unter die Blätter. Dann brachte sie den Topf zu mir in die Wohnung und stellte ihn neben mein Bett. 'Ich habe eine Schnecke im Wald gefunden. Ich habe sie dir mitgebracht, sie sitzt hier unter den Veilchenblättern.' 'Wirklich? Warum hast du sie denn mitgebracht?' 'Ich weiß auch nicht. Ich dachte, du hast vielleicht Freude daran.' 'Lebt sie noch?' Sie hob das eichelgroße, braune Schneckenhaus hoch und betrachtete es

Schlagzeile

'Dieses Buch ist so klug wie zauberhaft.' Die Zeit